Elsbeth Stoeß hatte sich
die Chance nicht entgehen lassen wollen. Als der Puppenspieler Helmut
Schmidt aus Berglen der Vorsitzenden des Freundeskreises für Behin-derte
anbot, mit einer kleinen Gruppe von Behinderten eine Tuchballett - Aufführung
einzustudieren, griff sie zu. Woche für Woche treffen sich nun die Akteure,
um für ihre Auftritte zu proben. Die sieben geistig behinderten Jugendlichen
und Erwachsenen im Alter zwischen 16 und 29 Jahren haben sich für die
Proben schnell zusammengefunden. "Das habe ich noch nie zuvor gesehen,
wie die Behinderten aus unserer Gruppe mitgearbeitet haben", ist Elsbeth
Stoeß ganz begeistert. In der vergangenen Weihnachtszeit hatten die "Marionettis"
- so nennt sich die Gruppe - im Jakobus - Haus ihre erste Aufführung.
Dort probt auch die Gruppe, die aus drei Frauen und vier Männern besteht.
Vier vor ihnen arbeiten in der Werkstatt für Behinderte in Waiblingen,
drei besuchen eine Schule für geistig Behinderte in Fellbach. Zusammenarbeit
mit Behinderten ist für Herrn
Schmidt "Herausforderung" Ein Tuchballett - Instrument besteht aus einem
etwa einen Quadratmeter großen Stofftuch. An den vier Ecken ist es an
Fäden aufgehängt. Die Fäden sind an zwei Holzstöcken befestigt, mit denen
sich das Tuch dann als "Marionette" steuern lässt. Die Zusammenarbeit
mit Behinderten ist für den Reichenbacher Helmut Schmidt eine "Herausforderung".
Schmidt hat die Arbeit mit den "jungen Erwachsenen" ehrenamtlich übernommen.
"Die geistig Behinderten leben in einer eigenen Welt. Gemeinsame Organisationsformen
fallen ihnen normalerweise schwer", erklärt Schmidt. Mit dem Tuchballett
habe er aber ganz neue Seiten der Behinderten entdeckt. Der Ausgangspunkt
dafür sei die begleitende Musik für die Figuren gewesen. Schmidt: "Ich
war überrascht, wie sie sich in der Gruppe plötzlich aufeinander abgestimmt
haben. Wenn eine Figur geklappt hat, haben sich alle gefreut." Auch für
die Eltern sei das eine neue Erfahrung gewesen. Für gewöhnlich haben geistig
Behinderte Probleme mit feinmotorisch differenzierten Bewegungen. "Mit
der richtigen Hintergrundmusik klappt de Abstimmung aber gleich viel besser",
weiß Schmidt inzwischen. Für die erste Aufführung im vergangenen Dezember
hatte der Puppenspieler noch ernste klassische Musik gewählt. "Die meisten
konnten mit dieser Musik nichts anfangen. Mit der lockeren Polka geht's
jetzt viel besser." Schmidt´s "Hobby" Puppenspiel nimmt in seinem Leben
jedoch einen großen Platz ein. Immer wieder geht er damit in Deutschland
auf Tournee. Er tritt dabei in Schulen und Kindergärten auf. Die Figuren
für sein Puppentheater bastelt der Pädagoge selbst. Die sieben Puppenspieler
gehen bei der Probe konzentriert zu Werk. Rhythmisch bewegen sie ihre
Tücher zur Musik. Beinahe alle Figuren gelingen. Nur hin und wieder greift
Schmidt ein. Besonders begeistert ist er an diesem Tag von Michael. Seinen
"etwas bizarren Handgelenksbewegungen" liest Schmidt "die Anspannung und
Konzentration" ab. Nach einer halben Stunde macht die Gruppe die erste
Pause. Helmut Schmidt ist mit der gezeigten Leistung zufrieden. Für die
nächste Aufführung sind die "Marionettis" jedenfalls bestens gewappnet.
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