Marionetten
halten Spiegle vor
Meisterlich hält Helmut Schmidt die Fäden in der Hand
alb. Niedereschach. Einen Volltreffer landete das Bildungswerk Niedereschach
mit Norbert Ower und Thomas Hartl an der Spitze, mit ihrem Kasperle?Theater
für groß und klein sowie einer abend-lichen Marionetten?Revue
mit Helmut Schmidt aus Berglen. Am Samstag Nachmittag waren über
200 Kinder im vollbesetzten Saal unter der Kirche hellauf begeistert vom
Kasperle. Hervorragend auch die abendliche Marionetten-Revue, die leider
schwach besucht war. Helmut Schmidt verstand es ausgezeichnet, seine "Marionetten"
und "Figuren" mit Leben zu füllen und man merkte sofort,
daß das Puppen? und Marionettenspiel ein wichtiger Lebensinhalt
für den Lehrer an der Katholischen Fachschule für Sozialpädagogik
in Stuttgart. ist. Es war völlig still im Saal, als die Marionetten,
geschickt gelenkt von Schmidt, auf der Bühne erschienen. Dass die
verschiedenen Marionetten so lebensecht dargestellt wurden, liegt zum
großen Teil auch daran, dass Helmut Schmidt alle seine Figuren selbst
herstellt. Zunächst entwickelte sich eine Figur in Schmidts Ge-dankenwelt
und wird immer realer, bis schließlich eine Marionette ihren ersten
"Auftritt" auf der Bühne bewältigen kann, dauert es
oft Monate. Die Figuren strahlen ein absolut lebensechtes "Flair"
aus. Ob der schüchterne Geiger Lorzeno Popellino, eine Schnulzensingende
Schlagersän-gerin, der Beifall heischende Klavierspieler, die tanzenden
"Blondis", der träumende Pieroth oder der Ansager; alles
wird geboten, von flotter Unterhaltung, hin zu nachdenk-lichem und gar
makab-rem Spiel. Während die "strickende Oma" eher für
leichte Unterhaltungskost sorgt, läuft es einem zur Mitternachtsstunde
eiskalt den Rücken herunter, wenn plötzlich ein Mario-netten?Skelett
dem Sarg entschlüpft und einen makabren, aber tollen "Geistertanz"
hinlegt. Sehr hilfreich und lie-benswert waren die Einleitungen zu jeder
Figur. Es gab keine Figur, die den Inhalt der anderen Figur streifte.
In der ganzen Revue wurde die Vielfältigkeit des Lebens erfasst und
somit zum Spiegel des einzelnen Zuschauers. Im Grunde war es schade, dass
in Niedereschach das Marionettenspiel noch nicht so bekannt ist, wie in
den "Marionettenhochburgen". Wie vielfältig Marionet-tenspiel
sein kann, erlebt Helmut Schmidt in seiner beruflichen Arbeit tagtäglich.
Über die Marionette gelingt es dabei oft, überhaupt erst auf
den Gegenüber und Zuschauer einzuwirken, das "Eis" zu brechen,
in Kontakt zu kommen, so eine Erfahrung aus dem Berufsalltag von Schmidt.
Ein ganz wich-tiger, ja der wichtigste Aspekt in Schmidts Tun und Spiel,
ist der soziale Aspekt. Dieser steht auch im Vordergrund, wenn Schmidt,
der das Marionettenspiel seit acht Jahren als Hobby betreibt, sein jährliches
Programm zusammenstellt. |